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geschichte film als ware film als massenmedium  
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kinobesucher 1910
kinobesucher 1913
filmen einer auffuehrung

 

kinobesucher
     
 

„Für die Filmproduktion, sowie für die Formen der Filmdistribution und der Filmkonsumtion ist von ausschlaggebender Bedeutung, dass die Filmware massenmäßig erzeugt werden kann. Die Massenproduktion erfordert die Massenkonsumtion, während die Massenkonsumtion, die in einer großen Zahl von einzelnen oder in kollektiven Konsumtionsakten bestehen kann, die Massenproduktion voraussetzt. Für die Massenproduktion und –konsumtion ist das Vorhandensein einer Distributionsform notwendig, welche die produzierte Massenware einer Masse von Konsumenten zugänglich macht, d.h. den Massenkonsum ermöglicht. Der Massenkonsum resultiert aus dem Vorhandensein und der Befriedigung gleicher oder ähnlich strukturierter Bedürfnisse einer großen Zahl von Menschen“ (Bächlin, S. 83f). Die Produktion von Massenkonsumtionsmittel ist kapitalistisch und auf Gewinn ausgerichtet. Ein eindeutiges Merkmal der Massenkonsumtionsmittel ist die Produktion für den anonymen Massenkonsum. Den Film beschränken keine örtlichen, zahlenmäßigen und gesellschaftlichen Gebundenheiten. Vor allem der Stummfilm ermöglichte durch seine Ungebundenheit an der Sprache eine grenzüberschreitende Verbreitung. Die Produktion findet im Vergleich zur Konsumtion an wenigen Orten statt.


Anfangs wurden die Apparate für die Filmproduktion und –vorführung auf handwerklichen Wegen von Wissenschaftlern, Photographen und Mechanikern hergestellt, doch bald wurden die Geräte industriell erzeugt, nicht nur weil man die Gewinnchancen in dieser neuen Branche witterte sondern auch weil die Technik an sich Präzisionsarbeit erforderte. Durch die Verfeinerung der Technik, mechanisch und optisch, wurde es erst möglich Filme individueller zu gestalten, wie zum Beispiel durch verschiedene Objektive oder bewegliche Kameras.


Beim Film findet ein einmaliger Produktionsakt statt, der einen enormen finanziellen, personellen, organisatorischen und technischen Aufwand in sich birgt. Dies führt auch zu einer ausgeprägten Arbeitsteilung und Spezialisierung. Da durch den finanziellen Aufwand sehr viele Unternehmen daran interessiert sind mit der Herstellung eines Films auch Gewinn zu machen, ist die Auslebung der künstlerischen Freiheit eingeschränkt. In der Zeit des Stummfilms stand die künstlerische Komponente des Films noch mehr im Vordergrund, doch der Film ist eine Ware und diese muss wirtschaftlich interessant sein. „Die Bedingungen der Preisbildung für den Film weichen zum Teil von denen für die meisten übrigen Produkte ab, da die Herstellungskosten der zur Vervielfältigung der Konsumakte benötigten Kopien im Verhältnis zu den Herstellungskosten des Grundprodukts irrelevant sind“ (Bächlin, S. 113). Filme, die mit hohen Produktionskosten gedreht wurden (bekannte Stars, bekannte Vorlagen, große Ausstattung) werden als „A-Movies“ bezeichnet, weniger aufwendigere Produktionen als „B-Movies“. Durch seine Kapitalintensität erforderte der Film eine massenweise Vermarktung, die durch einfache und kostengünstige Vervielfältigung ermöglicht wurde, aber die nur erfolgreich sein konnte durch die „Zurichtung der Filmprodukte auf reale oder vermeintliche Massenbedürfnisse“ (Heller, S. 246).


Schon 1910 kann man die Seher eines Filmes auf rund 77.000 Menschen schätzen, da der Filmstoff aber oft von anderen kopiert wurde kann man annehmen, dass die Film-Idee insgesamt 3.465.000 Menschen gesehen haben (vgl. Heller, S. 47). Pfemfert meinte 1911, dass das Kino der Unterhalter der breiten Volksschichten, ihr Lehrer und Erzieher sei. „Wahrlich: dieses Kino ist der passende Ausdruck unserer Tage“ (Heller, S. 47). Von vielen Intellektuellen dieser Zeit wurde der Film als verblödendes Konsumgut kritisiert, doch andere sahen die Möglichkeit durch den Film Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen.


Um die Jahrhundertwende erwuchs also „der Literatur in Gestalt des jungen Film zum ersten Mal ein massenmedialer Konkurrent von völlig neuer Qualität. [...] mit und in dem Film [verschaffte sich] eine neue Stufe in der Vergesellschaftung der Kunstproduktion wie –rezeption Ausdruck [...] und [wurde] so zu einer bis dahin beispiellosen Herausforderung für die literarische Intelligenz [...] – in der Theorie wie in der Praxis, als potentielles Betätigungsfeld wie als Katalysator für eine ästhetische Selbstverständigung unter den Bedingungen der modernen Industriegesellschaft“ (Heller, S. 244). Kurz; unter den Bedingungen der Industriegesellschaft entwickelte der Film eine neue Herausforderung für Autoren. Mit dem Aufkommen des Films eröffneten sich neue publizistische und ästhetische Perspektiven, insbesondere neue Darstellungs- und Wirkungsmöglichkeiten. Die Gestaltung und die Inhalte der Filme verändern sich equivalent zu der Veränderung und den Lebensbedingungen der Gesellschaft.


Heller beschreibt in „Film als Ware“ sehr gut drei Gründe durch die es der Film geschafft hat zum Massenmedium aufzusteigen:

1. „Seine wirtschaftliche Organisation: Indem der Film, ursprünglich eine technische Sensation und Attraktion der Jahrmärkte, sich binnen kürzester Zeit nach Maßstäben entwickelter kapitalistischer Rationalität industriell organisierte und im Zuge der sozialen Ausweitung seines ursprünglich plebejischen Marktes über die proletarischen Vorstädte mit Kino-Theatern in die Kulturreservate des Bürgertums einbrach, wurde er der kultur- und bildungstragenden Intelligenz nachgerade zum Paradigma der Kommerzialisierung von Kunst in der Moderne.
2. Seine gesellschaftlich-kulturelle Bedeutung: Ungeachtet der Ausweitung des literarischen Marktes seit den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, gelang es dem Film, binnen weniger Jahre ein Massenpublikum an sich zu binden und damit eine Publizität zu erlangen, an die das Theater und die Literatur – am wenigsten die ästhetisch anspruchsvolle – nicht im mindesten heranreichten; ein Faktum, das die kulturelle, insbesondere literarische Intelligenz in ihrem tradiertensozialen Selbstverständnis entscheidend traf: vor allen anderen sozialverantwortlich legitimiert und berufen zu sein, als Repräsentant freier geistiger Kreativität schlechthin ideell eine gesamtgesellschaftliche Leit- und Orientierungsfunktion wahrzunehmen.
3. Sein ästhetisches Material: Die Apparatur des Films, so unbeholfen ihre Handhabung auch in den Anfangsjahren noch wahr, ermöglichte im Prinzip eine völlig neue Art sinnlicher Aneignung und Gestaltung von Wirklichkeit. Die Reduktion und Konzentration allen Geschehens auf das Sichtbare, auf stumme bewegungserfüllte Bilder verhieß – zumal bei der gezielten Ausnutzung des manipulativen Potentials des filmischen Instrumentariums (vom Schnitt bis zur Trickoptik) – eine von allen bekannten Kunstgattungen grundsätzlich geschiedene Wahrnehmungs- und Darstellungsweise“ (Heller, S. 244f).


Schon die Anfänge des Films zeigen, dass er durch seine günstigen Vorraussetzungen prädestiniert dazu war ein Medium der Massen zu werden. Die Entwicklung hat sich bis heute fortgesetzt und hat wohl durch die Verbreitung des Films im täglichen Fernsehen seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Im multimedialen Bereich könnten aber noch gewaltige Möglichkeiten verborgen liegen den Film als Massenmedium zu nützen.

 
     
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